Schwer zu sagen, wie ich heute aus dem Bett gekommen bin – immerhin haben schon drei volle Festival-Tage deutlich ihre Spuren bei mir hinterlassen – aber nach dem ersten Beitrag des heutigen Tages war ich hellwach! Der Brasilianische Beitrag Tropa De Elite – schon im Vorfeld der vielversprechendste Film des Festivals – schafft es eindrucksvoll, sich mit Charme und Härte dem Thema „Staat, Gesellschaft und Gewalt“ zu nähern.
Der Anführer einer brasilianischen Polizei-Eliteeinheit, die einzig für Spezialeinsätze in den Favelas zusammengestellt wurde, sucht nach einem geeigneten Nachfolger für seine einsame und undankbare Position. Szenen von den nächtlichen Einsätzen der Truppe mischen sich auf poetische Weise mit den tagsüber stattfindenden Trainings-Einheiten.
Brutale Gewalt wird mit noch brutalerer Gewalt beantwortet, ganz ohne Vorwarnung und das beeindruckende an dem Film ist, dass man als Zuschauer die ganze Strecke mitgeht.
Am Ende bin ich nicht nur wach, ich wünsch mir eine solche Truppe für Neukölln, wenigstens für einen Tag…
Revanche – der österreichische Beitrag des heutigen Tages – überrascht mich positiv mit seiner wunderbaren Mischung aus Einfachheit und Autentizität. Die Hauptfigur – eine Mischung aus Kleinkriminellem und sympathischem Verlierer – rächt sich, ohne dies zunächst zu wissen, an dem Dorfpolizisten, der nach einem verunglückten Bankraub seine Freundin erschiesst. Das ganze im Herbst in der österreichischen Provinz.
In der QnA frag ich den Regisseur, warum uns Deutschen nicht so wunderbare Filme gelingen, aber er kann mir nicht helfen. er ist schließlich kein deutscher.
Die beiden asiatischen Filme – eine „Romantic Comedy“ aus Shang-Hai und ein Familiendrama aus Taiwan – sind die Ärgernisse des heutigen Tages, ganz zu meinem Bedauern, zählten doch asiatische Filme in den Jahren zuvor immer wieder zu meinen Favoriten.
Einen italienischen Beitrag, in dem sich ein schwules Paar dokumentarisch der Homophobie in ihrer Wahlheimat Rom nähert, habe ich heute auch noch gesehen. Weil witztig gemacht und ohne viel Pathos vielleicht der erste nicht ärgerliche Beitrag des diesjährigen Queer Cinema.Danach noch einen alten Freund getroffen, das war dann ein angenehmer Ausgleich dafür, dass ich den Empfang meiner ehemaligen Hochschule – zu dem ich gar nicht erst eingeladen war – auch dieses Jahr wieder gerne versäumt habe.
Alles in allem
- drei Sandwitches
- drei Milchkaffee
- eine Banane
- zwei Äpfel
- zehn Zigaretten
und weil ich in den letzten Tagen zu wenig getrunken habe, waren’s heute mal
- zwei Liter Evian und
- ein kleines alkoholfreies Bier
Schlaft gut, bis Morgen!