MvU unterschlägt Madonnas ersten Film

by | 22. Mrz 2012 | Texte | Kein Kommentar

Offenbar wurde Moritz von Uslar von der Kultur-Redaktion der Zeit gezwungen, die neue Platte von Madonna anzuhören und einen Text darüber zu verfassen.

Plattenkritiken scheinen nicht seine Sache zu sein, also stellt er sich bockig und stur und fällt in alter Schülerzeitungsmanier über das Werk und die Künstlerin her, leider ohne sich vorher über sie informiert zu haben. Einige der schlimmsten Irrtümer will ich hier gerne richtigstellen.

Madonna

© Zeit online / Universal Music

Fangen wir mit der naiven Annahme an, Madonna sei der größte Popstar auf Erden

Der größte Popstar auf Erden ist natürlich Lady Gaga, denn in dieser Kategorie geht es nicht darum, wer von den großen Popstars heute noch lebt oder wer von den heute noch lebenden Popstars die meissten Platten verkauft hat – dann wäre es ja Paul McCartney – oder wer von den noch lebenden Popstars in die entsprechende Schublade der Plattenindustrie passt, sondern – so hat es Andy Warhol, der Meister und Erfinder des Pop, festgelegt, darum wer just in den 15 Minuten, in denen ich diesen Text schreibe, am meisten beachtet, gehypt, fotografiert, interviewt und beim Einkaufen von Paparzi verfolgt wird. Und das ist im Moment nun mal Lady Gaga.

Dann ist da noch das Missverständnis, Madonna sei erst im Alterswerk mittelmässig

Natürlich liest sich die altväterliche Floskel Im Mittelmaß liegt die Würde des Alters in jeder uninspirierten Plattenkritik gut. Nichtsdestotrotz sei an dieser Stelle angemerkt, dass gerade Madonna sich genau deswegen so lange im Pop-Geschäft gehalten hat, weil sie von Anfang an das entspannte Mittelmaß hegt und pflegt. Sie ist eine mittelmäßige Sängerin, eine mittelmäßige Schauspielerin, Tänzerin und ein mittelmäßiges Fotomodell, vielleicht sogar eine mittelmäßige Ehefrau, Mutter und Köchin, aber hey… sie trägt das mit Würde. Und diese Würde, mit der sie das gepflegte Mittelmaß vor sich herträgt, hat über all die Jahre aus Madonna das gemacht, was wir heute über sie empfinden. Alles was darüber liegt, endet wohl so wie Amy Winehouse, Jim Morrison und Kurt Cobain, alles knapp darunter hält sich nicht länger als ein paar Jahre. Madonna hat im perfekten Mittelmaß ihre Nische gefunden und sich dort wunderbar eingerichtet. Und am Ende ist sie vielleicht auch nur eine mittelmäßige Spielfilm-Regisseurin, dazu komme ich jetzt noch ausführlich.

Völlig falsch, wahrscheinlich weil schlecht recherchiert, ist hingegen die Behauptung, bei dem Film W.E. hat der Popstar zum ersten Mal Regie geführt

Dazu habe ich bereits einen Kommentar auf der Artikelseite verfasst, da die Zeit online aber nur 1500 Zeichen zulässt, hier mein Kommentar nochmal in aller Ausführlichkeit.

Lieber Moritz von Uslar,

… Sicher ist Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen, dass Madonna bereits 2008 mit dem Sensations-Erstling Filth and Wisdom ihr Debüt als Spielfilmregisseurin gab.

Sowohl der grandiose Eugene Hutz als auch seine Band Gogol Bordello spielen darin eine ebenso originelle wie prototypische Rolle, wodurch der Film zu den Meilensteinen des Underground-Kinos zu zählen ist und in eine Reihe mit Looosers, Buffalo 66, Indian Runner, Down By Law oder My Blueberry Nights gehört.

© SPON / Semtex Films

Sowohl ihr erster Film, der – was wahrscheinlich der Grund führ Ihren kleinen Lapsus sein dürfte – von den Schuster-bleib-bei-deinen-Leisten-Fraktion der diversen Feuilletons kaum beachtet wurde, als auch ihr zweiter Film „W.E.“ http://www.imdb.de/title/tt1536048/ sind charmanter, intelligenter und feinfühliger beobachtet als alles was beispielsweise Guy Ritchie je gedreht hat – und das sage ich nicht als Madonna-Fan, denn ihre Musik taugt in meinen Augen höchstens beim Vorspiel.

Da Verrisse aber – zumindest im eigenen selbstherrlichen Verständnis der eben schon erwähnten Kollegen vom Feuilleton – offenbar mehr Kraft besitzen als Wohlwollen, dürfen Sie diesen Irrtum hier gerne dazu benutzen, Ihre offenbar schwammige Haltung zu Madonna im Allgemeinen und zu ihrem neuen Album im Besonderen zu untermauern.

Wieso muss alles, womit wir auf den ersten Blick nichts anfangen können immer erstmal schlecht sein? Und wieso darf das 12. (oder ist es gar das ominöse 13.) Album einer Künstlerin, deren Platten zusammen über 15 Jahre in den Top 10 der internatinalen Charts zu finden sind nicht mal einfach schlecht sein? Ich hatte das ja schon bei Hard Candy erwartet. Nun ist es also soweit. Na und? Wenn Ihnen POP zu modern ist, ich bin sicher, das neue Album von Udo Jürgens erscheint in Kürze.

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